Kinder im Netz

Kinder im Netz – Unsere Gedanken als Eltern

Kinder im Netz ist ein heißumstrittenes Thema unserer Zeit

Wir als Eltern tragen hier, wie auch in vielen anderen Dingen, eine große Verantwortung. Zeige ich mein Kind im Internet oder nicht? Die Frage hat sich uns zu Beginn unseres Blogs und der Nutzung von Instagram sehr früh gestellt. Wir haben zuerst bei Instagram unsere Tochter nur von hinten gezeigt, da die Sorge zunächst überwog, dass jeder die Fotos sehen kann und es leider auch kriminelle und pädophile Menschen in unserer Gesellschaft gibt.

Welche Gründe lassen einen darüber nachdenken, sein Kind nicht im Netz zu zeigen?

  • Kriminelle und Pädophile greifen auf die Fotos zurück
  • Die Persönlichkeitsrechte der Kinder werden verletzt
  • Peinliche Bilder können Grund für späteres Mobbing sein

Zu diesen Punkten haben Marten und ich uns viele Gedanken gemacht und viel diskutiert. Wir sind dann letztendlich zu dem Schluss gekommen, dass wir unser Kind genauso zeigen, wie wir uns zeigen: Unser Kind gehört zu unserem Leben und soll nicht ausgeklammert werden.

Wie wir zu dem Entschluss gekommen sind und unsere Gedankenwelt dazu möchte ich heute hier aufzeigen. Häufig bekommen wir zu diesem Thema z.B. folgendes Hauptargument gegen Kinder im Netz zu hören:

Kriminelle und Pädophile könnten auf die Fotos zugreifen

Dieses schlimme Szenario könnte tatsächlich eintreffen. Aber genauso gut könnte solch eine Person auch auf dem Spielplatz, im Freibad oder am Strand Fotos von meinem Kind aufnehmen. Dies ist vermutlich sogar weitaus gängiger. Dennoch verbieten wir unserem Kind nicht den Besuch dieser Freizeitorte.

Diese Herangehensweise entspricht dem Victim-Blaming, bei dem das Opfer schuld daran ist, dass es überhaupt zu der Tat kam. Ein Foto seines Kindes aus Angst vor solch miesen Gestalten nicht zu veröffentlichen ist in etwa dem gleichzusetzen, aus Angst vor Vergewaltigung keinen kurzen Rock zu tragen oder Dekolleté zu zeigen. Dies kann meiner Meinung nach nicht Sinn der Sache sein, sich selbst nur aus Angst vor schrecklichen Taten Fremder einschränken zu lassen.

Auch ein sehr häufiges Argument gegen Fotos von Kindern im Netz ist folgendes:

Die Persönlichkeitsrechte des Kindes werden verletzt, da das Kind nicht zugestimmt hat

Hier muss ich sagen dass ich eine gewisse Medienkompetenz voraussetze. Minderjährige Kinder sind per Gesetz unmündig und haben daher keine Entscheidungsfreiheit. Die Entscheidungen treffen die Eltern.

Wir als Eltern treffen Entscheidungen über Erziehungsstil, Wohnort, Schule, Kindergarten, Freizeitaktivitäten, Essen, Einkäufe und vieles mehr. Jeden Tag treffen wir Entscheidungen für unser Kind, die elementar sind. Mit jeder Entscheidung, die wir als Eltern treffen, möchten wir natürlich das Beste für unser Kind. Wer so viele Entscheidungen treffen kann, ist auch in der Lage abzuwägen, welche Fotos in die Öffentlichkeit gelangen.

Kinder gehören in unserer Welt dazu. In Modekatalogen und in Filmen sind Kinder ebenfalls zu sehen und keiner wird sich, wenn er „Harry Potter“ ansieht darüber Gedanken gemacht haben, ob es richtig ist Kinder in der Öffentlichkeit zu zeigen. Auch wenn beim „Tatort“ oder anderen populären TV-Sendungen Kinder mitspielen und im Schauspiel handlungsbedingt entführt und geängstigt werden, wird sich wohl kein Zuschauer darüber Gedanken machen, ob es richtig ist, dass nun ein Kind im Film mitspielt und es tausende von Menschen sehen und sich vieleicht Perverse gewisse Szenen abspeichern. Oder auch bei Kinder-Musikvideos, die doch erfahrungsgemäß sehr viele Familien mit ihren Kindern gucken und zum Mitmachen animieren, gibt es keine Diskussionen ob es richtig ist die süßen kleinen Hüpfer beim Tanz zu zeigen. Kinder in Film und Fernsehen sind für alle normal, aber wenn Eltern Fotos im Netz hochladen ist der Diskussion heftig. Jeder hat seine eigenen Grenzen was Privatheit betrifft und solange Kinder nicht lächerlich und in unschöner Weise dargestellt werden, spricht nichts dagegen seine Kinder zu zeigen, finden wir.

Wir stellen uns bei jedem Foto die sinnbildliche Frage, ob es ok wäre, wenn ganz Berlin mit diesem Foto in XXL-Werbeplakat-Größe zugepflastert wäre. Wenn wir mit diesem Szenario kein Problem hätten, ist es auch ok das Foto ins Netz zu stellen.

Oft wird auch folgendes Argument hinzugegezogen:

Peinliche Bilder können Grund für späteres Mobbing sein

Wir laden keine Fotos von unserer Tochter ins Netz, die peinlich sein könnten. Wir zeigen sie nicht wie sie auf Toilette sitzt, ihre ersten Essversuche, bei denen wie bei jedem Baby/Kleinstkind die Hälfte im Gesicht verteilt ist. Wir zeigen keine Nacktfotos und auch keine Fotos auf denen sie extrem wilde Grimassen macht oder auf denen sie sichtlich krank ist und sich unwohl fühlt.

Wir schätzen vorher also ab, welche Fotos ins Netz kommen und welche nicht. Wir möchten von uns selbst schließlich auch keine doofen und peinlichen Bilder. Das was für uns gilt, gilt somit auch für unsere Tochter.

Eine häufig unterschätzte Gefahr unserer Zeit ist darüberhinaus auch die Bloßstellung von Kindern nicht durch Fotos sondern durch Texte. Ein Text ist schnell geschrieben und schnell veröffentlicht. Die Punkte Peinlichkeit und Verletzung der Persönlichkeitsrechte können hier schnell erreicht sein.

Oft werden Kinder in Texten  bloßgestellt, bei denen ihr entwicklungsbedingtes Verhalten, das für Erwachsene sehr nervenaufreibend sein kann, haarklein beschrieben und dazu die Wahrnehmung der Eltern, die in den meisten Fällen negativ ausfällt und auch oft in nicht sehr schönen Worten wiedergegeben wird.

Hierbei werden den Kindern oft mit unschönen Betitelungen Stempel aufgedrückt: Terrorzwerg/Terrorpüppi, olle Zicke, Teufelchen, Satansbraten, Hexe, kleiner Tyrann. Auch wenn es Kosenamen sein sollen, sind sie doch negativ und sie prägen Kinder. Ein Kind das meist „mein Sonnenschein“ genannt wird, wird sicherlich eine besseres Bild von sich haben als eines, das häufig „mein kleiner Tyrann“ genannt wird.

Aber auch Texte in denen zum Beispiel die Eltern darüber richtig „abkotzen“, dass das Kind/die Kinder schon wieder krank sind und ihnen somit ihre Freizeitplanung in die Tonne getreten wird und nun dadurch vielleicht ein Konzert, eine Party oder ein Kinobesuch für die Eltern ausfällt. Natürlich ist es nicht schön, wenn die Kinder krank sind und eventuell dadurch das Geplante über den Haufen geworfen wird, aber mal ehrlich: Kinder werden -wie auch sonst niemand auf dieser Welt- mit Absicht krank und Eltern sollten wohl eher Mitgefühl ausdrücken und dem kranken Küken besonders viel Liebe entgegenbringen, anstatt so hässliche Worte in die Welt zu setzen. Wie würde es sich anfühlen, wenn man selber krank ist und vielleicht der Partner so hässliche Dinge über einen schreibt.

Auch das Thema „Regretting Motherhood“ bei denen Frauen schildern, wie sehr ihnen das Muttersein ihr Leben „versaut“ hat, finde ich ebenfalls ziemlich heikel. Natürlich gibt es Frauen, die in der Tat die Mutterschaft bereuen, dies aber in aller Form öffentlich zu tun empfinde ich als äußerst egoistisch. Oft bestand bei diesen Frauen ein Kinderwunsch und dass ein Baby/Kind nunmal kein Tamagotchi ist, sollte man als erwachsener und denkender Mensch bereits vor dem Kinderwunsch festgestellt haben.  Die Texte, die ich zum Thema „Regretting Motherhood“ gelesen habe, sind für mich wirklich schlimm und ich wünsche keinem , solch einen Text über sich einmal lesen zu müssen. Wer möchte schon lesen, dass das eigene Dasein das Leben der eigenen Mutter versaut hat und sie quasi die Existenz des eigenen Kindes bereut. Texte können also viel schmerzender sein, als so manches Foto.

Wenn man sich und/oder seine Familie auf verschiedenen Kanälen wie bspw. Instagram oder sogar dem eigenen Blog zeigt und hier die Kinder aisschließt, könnte man später auch mit folgenden Aussagen und Fragen des eigenen Kindes konfrontiert werden:

Mama, Papa, warum darf man mein Gesicht nicht sehen? Bin ich hässlich, bin ich euch peinlich? Bin ich euch nicht gut genug?

Ich denke, dass bei einem Kind, das für bestimmte Fotos immer sein Gesicht wegdrehen muss, es schadhaft für die Psyche des Kindes sein kann. Ich habe schon auf vielen Blogs und Feeds von Bloggern gelesen, dass diese Fragen und Zweifel von den eigenen Kindern tatsächlich kamen.

Wenn man sein Kind nicht mit dem Gesicht darstellen möchte, gibt es auch andere Methoden, als sein Kind anzuweisen das Gesicht zu verdecken oder wegzudrehen. Man sollte dann in einem Moment knipsen, in dem das Kind auf natürliche Weise gerade nicht in Richtung Kamera schaut.

Marten hat, obwohl er ein Kind der 1970er ist, eine kleine „Anekdote“ zu dem Thema. Auf einem Foto, bei dem er das Kaninchen von seinem älteren Bruder auf dem Arm halten sollte, damit das Kaninchen schön fotografiert wird, sollte er sich bewusst umdrehen, damit sein „doofes“ Gesicht nicht mit auf dem Bild ist. Seine Eltern waren bei dem „Shooting“ dabei und reagierten darauf nicht, da sie nicht bemerkt haben, wie sehr dies Marten verletzt.

Entscheidungen respektieren

Wenn unser Kind irgendwann einmal sagt, dass ihr das nicht gefällt, werden wir dies unterlassen. Aber ich denke die Kinder und Jugendlichen wachsen mit  den „neuen“ Medien auf und sehen vieles bereits ganz anders und selbstverständlich. Fast „jeder“ bloggt und es gibt so viele Familienblogs, vielleicht ist es in einigen Jahren einfach ganz normal. Vielleicht fragt man sich in 20-30 Jahren: Warum gibt es eigenltich von mir keine Bilder im Netz? Und die oben genannten Fragen „War ich nicht gut genug? War ich zu hässlich? könnten auftreten.

Unsere Tochter ist ein Teil von uns. Wir zeigen ausgewählte Fotos von uns und auch auch von ihr. Wir verbloggen auch nur einen kleinen Teil unseres Lebens und nicht unser gesamtes. Wir entscheiden was in die Öffentlichkeit gelangt und was nicht.

Wie seht ihr das? Wie geht ihr mit diesem Thema um? Zeigt ihr eure Kinder im Netz? Schreibt ihr über eure Kinder im Netz?

Alles Liebe
Eure Gwendolin

Has one comment to “Kinder im Netz – Unsere Gedanken als Eltern”

You can leave a reply or Trackback this post.

Leave a Reply

Your email address will not be published.